Wann wählt man Freiberufler und wann das Gewerbe ?
Als Selbstständiger hat man einige Freiheiten, die man genießen kann, aber auch einige wichtige Entscheidungen zu treffen. Eine dieser Entscheidungen zu Beginn ist die Entscheidung, ob man gewerblich oder freiberuflich tätig sein will – sollte dies nicht bereits festgelegt sein.
In beiden Fällen ist man Selbstständiger, dementsprechend hat die Wahl keinerlei Einfluss auf den eigenen Tätigkeits-Status. Jedoch unterscheiden sich die beiden Optionen natürlich voneinander.
Die Vorteile eines Freiberuflers
Die erste Option wäre es, sich als Freiberufler anzumelden. Die relevantesten Vorteile eines Freiberuflers bestehen darin, dass er keine Gewerbesteuer zahlt, die Ist-Besteuerung beantragen kann und lediglich eine Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) erstellen muss.
Die Gewerbesteuer
Als Freiberufler muss nie die Gewerbesteuer bezahlt werden. Fast alle Gewerbetreibenden hingegen müssen die Gewerbesteuer zahlen. Die Gewerbesteuer wird aus dem Gewinn errechnet und beträgt die sogenannte Gewerbesteuermesszahl 3,5 %. Wenigstens gibt es für Gewerbetreibende einen Freibetrag von derzeit 24.500 Euro, weswegen Gewerbetreibende mit einem niedrigeren Gewinn keine Gewerbesteuer zu zahlen verpflichtet sind. Jedoch kann jede Gemeinde die besagte Gewerbesteuermesszahl mit einem gewissen Hebesatz multiplizieren. Der Hebesatz liegt oft zwischen 300 % und 450 %.
Die Ist-Besteuerung
Für gewöhnlich ist man mit der ersten erstellten Rechnung dem Finanzamt gegenüber verpflichtet, die Umsatzsteuer zu zahlen. Diese Pflicht setzt direkt ein, sobald die Rechnung geschrieben wurde. Hierbei ist es uninteressant, ob der jeweilige Kunde die Rechnung eventuell erst in 2 bis 4 Wochen oder aber überhaupt nicht ausgleicht. Die Haftung für die im eigenen Namen berechnete Steuersumme wird gegenüber dem Finanzamt vom jeweiligen Unternehmer getragen – nicht vom Rechnungsadressaten.
Im Falle der Ist-Besteuerung wechselt der jeweilige Anlass der Zahlungspflicht, sprich: Während man normalerweise einen bereits vorher vereinbarten Betrag zahlen muss, muss man bei der Ist-Besteuerung den jeweiligen vereinnahmten Betrag zahlen. Freiberufler mit jeglichem Umsatz können hiervon profitieren. Aber auch Gewerbetreibende, die einen Umsatz von bis zu 500.000 Euro haben, können von der Ist-Besteuerung Gebrauch machen.
Ergo handelt es sich nicht um ein Merkmal, das nur bei Freiberuflern vorhanden ist, sondern auch teilweise bei Gewerbetreibenden.
Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gibt das Finanzamt vor, dass ein Selbstständiger ein gewisses Formular ausfüllen muss – und zwar die Anlage EÜR.
Eine Einnahmen-Überschussrechnung ist generell simpler zu erstellen als eine Bilanz, jedoch sollte sie gründlich erstellt werden, da sie einem oftmals helfen, sich den nötigen Überblick über die eigenen Finanzen von Beginn an zu verschaffen und diesen zu behalten.
Bei der Erstellung einer Einnahmen-Überschussrechnung sollte man am Anfang einen Steuerberater um Hilfe bitten, denn obgleich dies natürlich Geld kostet, kann man von Pauschalen, Abschreibungen und absetzbaren Kosten erfahren, die die Ausgaben für die Beratung ausgleichen.
Was ist nun besser: Freiberufler oder Gewerbetreibender?
Die beiden Optionen unterscheiden sich nicht allzu stark. Kleine Gewerbetreibende genießen fast die gleiche Behandlung wie Freiberufler. Interessant wird der Unterschied erst, wenn der eigene Gewinn mehr als 24.500 Euro oder sogar mehr als 50.000 Euro beträgt.
Die hier angesprochene Wahl zwischen dem Status eines Freiberuflers und dem Status eines Gewerbetreibenden darf nicht jeder Selbstständige treffen. Ergo muss man sich die Frage stellen, ob man denn überhaupt die Möglichkeit hat, sich als Freiberufler zu betrachten.
Sollte es sich beim jeweiligen Beruf, der ausgeübt wird, um einen der sogenannten „Katalogberufe“ handeln, so kann man sich als Freiberufler betrachten.
Zu den bekanntesten Katalogberufen zählen Dolmetscher, Steuerberater, Anwälte, Ärzte, Architekten und Übersetzer.
Ein Problem, das insbesondere im IT-Sektor vorzufinden ist, ist, dass dort die Berufsbilder dieser Branche nicht genannt sind. Obgleich die Liste mit der Aufzählung der Katalogberufe durch die Formulierung „und ähnliche Berufe“ offen gehalten wird, kann es schwierig sein, das Finanzamt davon zu überzeugen, dass die eigene Tätigkeit in die besagte Liste hineinpasst.
Die Einstufung ist keineswegs davon abhängig, wie man sich respektive seine eigene Tätigkeit bezeichnet, sondern davon, was man faktisch tut. Die Abgrenzung ist oftmals schwer nachvollziehbar, da der gleiche Beruf freiberufliche und selbstständige Tätigkeiten umfassen kann.
Freiberufler und Gewerbetreibender – beides ist möglich
Sinnvoll ist es, unklare Arbeitsbeschreibungen finanziell und organisatorisch voneinander zu trennen. So sollte man jegliche freiberuflichen Tätigkeiten zusammenfassen und die gewerblich anmutenden Arbeiten auszugliedern.
Wer beispielsweise als Autor oder als Dozent tätig ist, der gilt als freiberuflich Tätiger. Sollte man jedoch in weiteren Projekten programmieren oder aber Webseiten generieren, so gilt dies nicht mehr als „wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit“.
Bezüglich des freiberuflichen Gewinns fallen keinerlei Gewerbesteuern an und mit dem gewerblichen Gewinn sollte man bestenfalls unter dem Freibetrag bleiben. Selbstverständlich handelt es sich hierbei um mehr organisatorischen Aufwand, da alles stets gut getrennt werden muss, aber es kann sich im Anschluss lohnen.
Was die tatsächliche Ausgestaltung einer freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeit angeht, sollte man unbedingt einen Steuerberater kontaktieren. So kann es im Anschluss nicht an möglichen Einwänden seitens des Finanzamts scheitern.
Als „Nur-Freiberufler" muss man hingegen darauf Acht geben, dass alle von einem angebotenen und beworbenen Dienstleistungen auch eines freiberuflichen Charakters sind. Sonst läuft man Gefahr, ein Gewerbe wider Willen zu führen.
Die Anmeldung: eine unumgehbare Pflicht
In Deutschland reicht es jedoch nicht, einfach zu beschließen, dass man nun mit seiner Tätigkeit beginnen möchte. Es gibt stets Formulare, die ausgefüllt werden müssen.
Freiberufler haben sich direkt beim Finanzamt zu melden und dort den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung auszufüllen, welcher dann als Basis für die Berechnung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung verwendet wird.
Gewerbetreibende hingegen müssen ihr jeweiliges Gewerbe bei dem zuständigen Amt anmelden und dort eine relative genaue Beschreibung anfertigen. Die Kosten des Gewerbescheins belaufen sich auf 10-70 Euro. Dadurch wird das Finanzamt automatisch darüber informiert, woraufhin es dem jeweiligen Gewerbetreibenden den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung zusendet.
Jedoch kann es für Gewerbetreibende zu einem noch weitaus komplizierteren Vorhaben werden, da für bestimmte Bereiche wie etwa Gaststätten oder Geld- und Immobiliengeschäften zusätzliche Bestimmungen beachtet werden müssen.
IHK
Gewerbetreibende sind Zwangsmitglieder der IHK und sind dazu verpflichtet, einen annuellen und umsatzabhängigen Beitrag zu zahlen, sollten sie mehr als 5.200 Euro Gewinn erwirtschaften. Lediglich erstmalige Existenzgründer müssen für den Zeitraum von zwei Jahren keinen Beitrag zahlen, wenn sich ihr jeweiliger Gewinn nicht auf mehr als 25.000 Euro beläuft.
Freiberufler hingegen sind nie dazu verpflichtet , Mitglieder in der IHK zu werden. Jedoch kann es sein, dass eine berufsständische Kammerzugehörigkeit grundsätzlich eine Pflicht ist – dies ist bei beispielsweise Ärzten der Fall – oder zum Führen von Berufszeichnungen, wie bei Architekten, benötigt wird.
Freiberuflich tätig zu sein bietet einige Vorteile: Es ist simpler und kostengünstiger als gewerblich tätig zu sein. Nichtsdestotrotz ist es keineswegs fatal, sollte man verpflichtet sein, ein Gewerbe anzumelden. Behelfsmäßig kann man seine jeweiligen Tätigkeiten aufteilen, um so möglichst weitgehend Vorteile der freiberuflichen Tätigkeit genießen zu können.
Disclaimer:
Der Beitrag "Freiberufler oder Gewerbetreibender" bezieht sich auf Freiberufler & Gewerbetreibende in Deutschland. Die Rechtslage in Österreich & der Schweiz unterscheidet sich von den angesprochenen Maßnahmen im Beitrag.
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